Barrierefreiheit: Die Rolle von BFSG & BGG
Mit der Ankündigung, dass die Barrierefreiheit im digitalen Bereich ausgeweitet wird, häuften sich dazu die Informationen im Web. Dabei passierte des Öfteren, dass das BFSG und das BGG in einen Topf geworfen wurden. Auch wenn sie sich in vielen Teilen kaum unterscheiden, gibt es Unterschiede, die beachtet werden müssen:
Beide Gesetze fördern die digitale Barrierefreiheit, haben jedoch unterschiedliche Ansätze: Das BGG dient der Gleichstellung und Teilhabe im öffentlichen Raum, das BFSG dem Verbraucherschutz in der Privatwirtschaft.
Vorbildfunktion öffentlicher Stellen
Das BGG verpflichtet alle öffentlichen Stellen des Bundes zur Barrierefreiheit. Dazu zählen zum Beispiel Bundesbehörden, Hochschulen, Forschungseinrichtungen und andere vom Bund getragene Institutionen. Auch Verbände oder Träger können unter das BGG fallen, wenn sie maßgeblich vom Bund abhängig sind.
Die rechtliche Grundlage schafft das BGG und die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0). Technisch orientieren sich die Anforderungen an der EU-Norm EN 301 549, die auf den WCAG 2.1, Konformitätsstufe AA basiert. Die gleichen Anforderungen, denen privaten Akteuren unterliegen.
Erklärung zur Barrierefreiheit
Öffentliche Stellen müssen ihre Websites, Apps und digitalen Dokumente regelmäßig prüfen und festgestellte Mängel beheben. Die Ergebnisse werden in einer vorgegebenen Barrierefreiheitserklärung auf der Website veröffentlicht. Die Erklärung beschreibt den Erfüllungsgrad der Barrierefreiheitsanforderungen, listet nicht barrierefreie Inhalte auf, nennt Kontaktmöglichkeiten für Rückmeldungen und informiert über die Schlichtungsstelle nach dem BGG, an die sich Betroffene wenden können.
Die Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit von Informationstechnik kontrolliert stichprobenartig die Einhaltung. Ihre Ergebnisse fließen in den EU-weiten Bericht zur Überwachung der Barrierefreiheit ein.
Die Intention öffentlicher Einrichtungen ist hierbei, eine Vorbildfunktion zu übernehmen und Barrierefreiheit sichtbar zu machen.
Privater Sektor mit neuen Pflichten
Für private Anbieter gilt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG). Es setzt den European Accessibility Act (EU-Richtlinie 2019/882) um und verpflichtet Unternehmen, Websites und Apps barrierefrei bereitzustellen, wenn sie als Dienste der Informationsgesellschaft gelten.
Betroffen sind vor allem Online-Shops, Buchungs- und Streamingdienste sowie Websites mit interaktiven Funktionen wie Termin- oder Bestelltools, Login-Bereichen oder Kundenportalen.
Ausgenommen sind reine Informationsseiten, B2B-Angebote und Fälle, in denen die Umsetzung wirtschaftlich nicht zumutbar ist – eine generelle Befreiung sieht das Gesetz jedoch nicht vor.
Informationen zur Barrierefreiheit
Unternehmen, die unter das BFSG fallen, müssen auf Anfrage der Marktüberwachungsbehörden nachweisen, dass ihre digitalen Angebote die gesetzlichen Anforderungen erfüllen (§ 5 BFSG). Eine förmliche Erklärung zur Barrierefreiheit ist nicht vorgeschrieben, doch laut § 14 BFSG müssen Informationen zur Barrierefreiheit erstellt und öffentlich zugänglich gemacht werden, um Transparenz zu schaffen.
Eine Information zur Barrierefreiheit kann in einfacher Sprache beschreiben, dass sich das Unternehmen aktiv für Barrierefreiheit einsetzt, wie der aktuelle Umsetzungsstand ist, welche interne Anlaufstelle für Meldung von Barrieren besteht und die weiterführende Adresse zur zentralen Beschwerdestelle.
Transparenz zeigt die bewusste Verantwortung des Unternehmens und hilft dabei, Beschwerden an offizieller Stelle vorzubeugen.
Digitale Zugänglichkeit fest verankern
Egal ob Bund, Behörde oder Unternehmen – Barrierefreiheit wird zum festen Bestandteil digitaler Verantwortung. Die gesetzlichen Grundlagen unterscheiden sich in Zuständigkeit und Form, doch das Ziel bleibt gleich: Alle Menschen sollen das Internet gleichberechtigt nutzen können.
Autorin: Martina Hein (Content Management)